Im Ausdauertraining geht es vor allem um eines:
Die gezielte Ökonomisierung der Energiebereitstellung.
Ein perfekt ausgestatteter Sportwagen fährt eben auch nur dann, wenn sich ausreichend vom richtigen Treibstoff im Tank befindet.
Zwar haben auch andere Faktoren einen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit. Doch selbst wenn der Körper durch Technik-, Athletik- und mentales Training sowie Dehnung, Ernährung und Entspannung optimal „getuned“ ist, kann diese Leistung nur abgerufen werden, wenn die dazu notwendige Energie zur Verfügung steht.
Die Energiebereitstellung spielt im Ausdauersport eine herausragende Rolle.
Der Mix macht's!
Die menschliche Muskulatur arbeitet bei der Energieerzeugung ähnlich wie ein Hybrid-Antrieb – es gibt unterschiedliche Quellen und Abläufe, um die benötigte Energie zu generieren. Im Ausdauertraining sind 3 der sog. Energiebereitstellungsmechanismen von Bedeutung:
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Fettstoffwechsel
(benötigt viel Sauerstoff)
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Aerobe Energiegewinnung aus Kohlenhydraten
(benötigt ebenfalls, aber etwas weniger Sauerstoff als der Fettstoffwechsel)
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Anaerobe Energiegewinnung aus Kohlenhydraten
(ohne Sauerstoffbedarf)
Man kann diese drei Mechanismen unter zwei Gesichtspunkten betrachten:
(a) nach Art des „Treibstoffes“
(b) nach Art des „Verbrennungsprozesses“.
Dabei ist es wichtig zu wissen, dass zwar nicht immer alle Mechanismen gleichzeitig an der aktuellen Muskelleistung beteiligt sind, aber keiner der zur Verfügung stehenden Mechanismen isoliert genutzt wird. So benötigt beispielsweise der Fettstoffwechsel eine „Anschubenergie“, die aus Kohlenhydraten stammt. Oder die Energie muss so schnell und umfangreich zur Verfügung stehen, dass der Fettstoffwechsel „zu langsam“ ist und nicht mehr beteiligt wird.
Es geht immer um die Art der vorrangigen Energiebereitstellung – um das richtige Mischungsverhältnis.
Dipl. Sportwissenschaftler Sebastian Rosenkranz
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Ebenso wichtig ist es zu wissen, dass dieses Mischungsverhältnis von der geleisteten Intensität abhängig ist (und nicht von der Zeitdauer, wie fälschlicherweise immer noch vielfach geglaubt wird). Die Abbildung 1 zeigt beispielhaft die Entwicklung des Energiestoffwechsels mit zunehmender Intensität anhand eines Lauftests.
Zwar ist es grundsätzlich richtig, dass der Fettstoffwechsel (grüne Kurven) tendenziell mit zunehmender Intensität abnimmt, jedoch sind Quantität, also die kalorische Menge an beteiligter Fettenergie, und die Qualität, die spezifische Charakteristik im Intensitätsverlauf, vom Einzelfall abhängig und somit immer sehr stark individuell geprägt. Dementsprechend nimmt der Kohlenhydratanteil an der Energiebereitstellung sukzessive aber individuell zu (rote Kurven).
Neben dem Wissen um die jeweiligen Anteile von Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel, gibt es eine Vielzahl weiterer Parameter, die wichtige Hinweise zur Leistungsfähigkeit des Menschen und seines Energiestoffwechsels liefern. Die Art des „Verbrennungsprozesses“ bei den Kohlenhydraten beispielsweise wird unterschieden in aerob und anaerob, d.h. mit bzw. ohne ausreichend zur Verfügung stehendem Sauerstoff. Dieser klassische Übergangs- oder Schwellenbereich, in dem ein zunehmend größer werdendes Maß an zusätzlicher Energie ohne Sauerstoff generiert werden muss, wird u.a. durch charakteristische Kurvenverläufe der ventilatorischen Parameter wie Atemfrequenz, die Atemäquivalente und das Atemvolumen beschrieben (vgl. Abbildung 2).
Die Vielzahl an unterschiedlichen für den menschlichen Energiestoffwechsel relevanten Aspekte und Parameter ergeben ein Gesamtbild – und nur diese Zusammenschau hat eine verlässliche Aussagekraft für den einzelnen Menschen. Noch besser: Aus diesem komplexen Bild lassen sich hervorragend Trainingsbereiche identifizieren, die für jeden einzelnen für unterschiedliche Zielstellungen im Training wie Fettstoffwechseltraining oder Intervalltraining optimal sind.
Praktisch umsetzbar wird dieses Wissen, wenn das Gesamtbild nicht nur analysiert und interpretiert wird, sondern auch der Bezug zu den Parametern der Trainingssteuerung hergestellt wird. Die meisten Menschen steuern das Ausdauertraining über den Puls, indem sie ein Herzfrequenzmessgerät einsetzen. In den letzten Jahren wird aber auch zunehmend die erbrachte Leistung genutzt, die Geschwindigkeit beim Laufen bzw. die Wattleistung beim Radfahren. Beides funktioniert sehr gut. Wenn jeder Trainierende die während des Trainings gemessenen Puls- und/oder Leistungswerte vor dem Hintergrund des eigenen aktuellen Energiestoffwechsels bewerten kann, führt das dadurch richtig dosierte Training sicher zum persönlichen Erfolg.
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Fazit
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Individuell entwickelt!
Der menschliche Energiestoffwechsel ist komplex und die unterschiedlichen Teilsysteme sind sehr individuell entwickelt –
je nachdem welche Grundvoraussetzungen vorliegen und welche Trainingserfahrungen bereits gemacht wurden.
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Präzise messbar!
Diese individuelle Komplexität lässt sich vergleichsweise einfach und verlässlich messen und die Ergebnisse auch verständlich darstellen und praktisch umsetzen.
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Gezielt trainierbar!
Nur so macht es Sinn: den Erkenntnissen eine praktische Konsequenz folgen lassen und sie im Training umsetzen. Denn der aktuelle Stand ist veränderbar, d.h. die Leistungskomponenten gezielt trainierbar.
Erfolg ist planbar!